Dieser Artikel ist veraltet. Die aktualisierte Fassung finden Sie
hier.
Euro-Märchen 7:"Griechenland braucht einen Marshall-Plan."
Um Griechenland wieder auf die Beine zu helfen, wird immer öfter die Forderung nach einem Marshall-Plan laut. Könnte Griechenland eine solche - weitere - Transferzahlung helfen?- Von 1948 bis 1953 haben die Amerikaner im Rahmen des sogenannten Marshall-Plans an Europa sehr großzügige Wiederaufbauhilfen in Form von Waren- und Rohstofflieferungen im Wert von insgesamt 13,9 Mrd. Dollar geleistet. Inflationsbereinigt entspräche das heute einem Betrag von ca. 100 Mrd. Euro.
- Im Schnitt betrug die Summe damals 92 Dollar für jeden Griechen. Inflationsbereinigt und bei heutigem Wechselkurs entspricht das ungefähr einem Betrag von 680 Euro pro Person. (Für Deutschland gab es damals übrigens nur 6 Dollar pro Kopf, plus 15 Dollar als Kredit.)
- Laut Untersuchungen des Finanzwissenschaftlers Franz-Ulrich
Willeke hat Griechenland aus den diversen Brüsseler
Fördertöpfen von 1991 bis 2008 inflationsbereinigt aber schon
allein mehr als 133 Mrd. Euro erhalten, und zwar netto
(zitiert nach http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hohe-bruesseler-subventionen-suesses-gift-fuer-athen-11643700.html).
Das sind Geschenke von um die 12.000 Euro pro Kopf!
- Die aktuellen Rettungspakete sind dabei wohlgemerkt nicht dabei. Es handelt sich lediglich um die ganz normale Strukturhilfe der EU, die also bereits bisher um einen Faktor 17 größer war als der Marshall-Plan für Griechenland, der seinerseits bereits schon um mehr als Faktor 15 größer war als der für Deutschland.
- Interessant ist ein Vergleich zwischen Griechenland und Estland. Die Esten waren mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von lediglich 9.900 € im Jahr 2007 (also vor der Krise) im Vergleich zu den Griechen arm wie Kirchenmäuse. Die Griechen hatten nämlich mehr als das doppelte BIP von 18.900 € pro Kopf zur Verfügung.
- Von jenem niederen Niveau ausgehend wurden die Esten dann in der Krise aber sogar noch dramatisch schwerer gebeutelt als die Griechen: Im Jahr 2009 hatten sie einen Einbruch des BIP pro Kopf von 14 % zu verkraften (Griechenlands BIP pro Kopf schrumpfte nur um 3,1 %). Trotzdem waren aus Estland trotz massivster Einsparungen, die die der Griechen bei weitem überstiegen, keinerlei Klagen zu vernehmen. Die Esten haben stattdessen die Ärmel hochgekrempelt und die Krise überwunden. Schon seit 2010 geht es mit der Wirtschaft in Estland wieder aufwärts.
- Ganz anders in Griechenland; Reformen werden
nicht angepackt, obwohl das mehrfach fest versprochen
wurde - warum auch, Hilfen gibt's ja trotzdem. Entsprechend
fällt die wirtschaftliche Bilanz aus: Griechenland schrumpft
immer weiter, ein Ende ist nicht abzusehen. Erkennen
kann man aber die offensichtlichen Mentalitätsunterschiede
zwischen Süd- und Nordländern - und ein augenfälliges
Gerechtigkeitsproblem in der Eurozone.