"Der Euro fördert die europäische Integration."
Das ist ein Argument, das sich durch Zahlen nicht recht fassen läßt. Neben Meinungsumfragen könnten aber die Wahlbeteiligungen zum Europaparlament ein Indiz für die wachsende oder fallende Zustimmung zu Europa in der Bevölkerung sein. Daher werden hier diese Zahlen und ein paar politische Einschätzungen genannt.- Die Wahlbeteiligung zum Europarlament ist seit 1979, von
kleinen Schwankungen abgesehen, fallend. Auch die Einführung
des Euros 1999 hat daran nichts geändert und lag in der
gesamten EU 2014 nur noch bei enttäuschenden 43 %. Auch
in den großen Euroländern Deutschland, Frankreich und Spanien
ist die Lage nicht besser, nur Italien hebt sich mit 60 %
etwas ab, aber ebenfalls mit stark fallender Tendenz.
Europabegeisterung sieht jedenfalls anders aus.
- Es hat sich erwiesen, daß der Euro ohne eine gemeinsame Finanzpolitik (in Folge dann auch ohne gemeinsame Steuer- und Sozialpolitik) nicht funktioniert. Also muß man entweder eine solche gemeinsame Politik einführen oder den Euro aufgeben.
- Eine gemeinsame Finanzpolitik bedeutete, daß über die
nationalen Haushalte in Brüssel statt in den nationalen
Parlamenten entschieden wird. Und darüber, ob Frankreichs
Arbeitnehmer mit 60 in den Ruhestand gehen können. Und
darüber, wie hoch in Griechenland die Rente sein darf. Und
darüber, wie hoch in Deutschland die Hartz-IV-Sätze sind. Und
darüber, wie hoch in Zypern die Steuern sein dürfen. Usw. usw.
usw.
Eine solche Entmündigung von Nationen hatten wir schon einmal: Das hieß damals "Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken", und das Ergebnis ist bekannt (Diktatur, Verarmung, Korruption, Bürgerkrieg, Auflösung).
- Wenn Deutschland nicht ohne Ende Wohlstandstransfers in weniger leistungsfähige Länder leisten will, muß es auf der Einhaltung von strengen Finanzregeln bestehen, die den Wünschen vieler anderer Länder aber entgegengesetzt sind. Daß dieses schon vergessen geglaubte "am deutschen Wesen soll die Welt genesen" zu großen Konflikten führt, sehen wir bereits jetzt.
- Auch wenn es gelänge, eine Finanzpolitik nach deutschem Vorbild in ganz Europa zu etablieren: Wäre das wünschenswert? Sollen wir wirklich dem Rest Europas vorschreiben, wie es zu wirtschaften und zu leben hat? Sollten wir nicht die Unterschiede der Völker akzeptieren und sie in Selbstverantwortung über ihr Schicksal - auch mit der Gefahr des Scheiterns - selbst entscheiden lassen?
Fazit: Die Aussage müßte heißen "der Euro erzwingt die europäische Integration"; Zwang ist aber abzulehnen.