Der Diskutant
Der Diskutant ist ein Programm für den guten, alten Atari ST und dient in erster Linie - wie der Name bereits vermuten läßt - zur Diskussion mathematischer Kurven, also zur Ermittlung von Nullstellen, Extremwerten und Wendepunkten. Auch analytische Differentiation, numerische Integration, numerische Lösung von Differentialgleichungen, Meßdatenauswertung, Animationen und vieles mehr sind mit dem Diskutanten ein Kinderspiel. Mit Hilfe eines Atari-Emulators läßt er sich auch heute noch auf jedem mittelprächtigen PC einsetzen.
Geschichtliches
Die Version 1.0 habe ich 1990 zur Blütezeit des Atari ST veröffentlicht, die letzte Version war V.2.21 aus dem Jahr 1995, die für 198,- DM (plus Versandkosten) käuflich zu erwerben war. Am Ende gab es sogar eine spezielle Version für den edlen Atari TT, die dessen mathematischen Coprozessor ausnutzen konnte. Davon habe ich selbst im Rahmen meiner Diplomarbeit regen Gebrauch gemacht: Der Diskutant hat meine komplette Meßdatenauswertung durchgeführt (nachdem ich extra noch genau die Dinge eingebaut hatte, die dazu nötig waren - insbesondere das nicht-lineare Meßdatenfitting).
Ein großer kommerzieller Erfolg war Der Diskutant leider nicht. Die Preise für Anzeigen in den einschlägigen Magazinen waren derart hoch, daß meine Gewinne davon zum großen Teil wieder aufgefressen wurden (soweit ich mich erinnere, kostete im c't-Magazin eine achtel Seite um die 1800,- DM - das habe ich mir nur einmal geleistet und dann doch lieber die billigeren Atari-Gazetten bevorzugt). Davon abgesehen konnte ich mit der Resonanz aber sehr zufrieden sein. Von den Kunden kam großes Lob, und auch die Kritiken in der Presse waren sehr positiv. Ich darf in aller Unbescheidenheit behaupten, daß Der Diskutant auf seiner Plattform ziemlich konkurrenzlos war.
Mitte der 90er war's dann mit dem Atari langsam vorbei. Gegen die immer billiger werdenden PCs und Windows 95 konnte er sich nicht mehr durchsetzen. Man muß auch zugeben, daß Windows 95 gegenüber Windows 3.11 eine deutliche Verbesserung war und Ataris GEM-Oberfläche erstmals in den Schatten stellte. Kurzum, mit dem Atari schlief auch Der Diskutant sanft ein. Im Oktober 2002 habe ich ihn dann endlich noch einmal hervorgekramt, um ihn in der Version 2.22 zum kostenlosen Download bereitzustellen. Auf daß der eine oder andere alte Atari-Fan noch etwas damit anfangen möge ...
Und Mitte 2017 gab es tatsächlich noch einmal eine kleine Weiterentwicklung: Aus einem konkreten Bedarf heraus wurde das Meßdatenfitting um die sogenannte Gabor-Funktion erweitert, und die aktuelle Version ist nun 2.23.
Leistungsspektrum
Im folgenden eine kurze Übersicht über die Funktionen des Diskutanten:- Allgemeine Eigenschaften:
- Abbildungen aus ℝ in ℝ und aus ℝ in ℝxℝ
- Kurven explizit, polar und parametrisch darstellbar
- Meßdatenauswertung (Interpolation, Approximation, Fit, statistische Auswertungen)
- automatische Trickfilmerzeugung
- transparentes Bedienungskonzept, integriertes Hilfesystem
- kinderleichte Bedienung durch GEM-Benutzeroberfläche
- läuft mit Color- und Monochrommonitor
- Grafikfähigkeiten:
- Funktionsgraphen, Kurvenscharen, Richtungsfelder von Differentialgleichungen
- beliebig viele Kurven in einer Graphik darstellbar, 3 Kurven gleichzeitig bearbeitbar
- automatische oder manuelle Positionierung des Achsenkreuzes
- wahlweise Achsenkreuz oder skalierter Rahmen
- automatische oder manuelle Skalierung der Achsen, Gitterlinien, Gitterpunkte
- umfangreiche Möglichkeiten zur Achsenbeschriftung
- automatische Berechnung oder manuelle Eingabe von Streckfaktoren
- integrierter Graphikeditor zur manuellen Nachbearbeitung von Graphiken
- Arbeitsblattgröße bis zu 32000 x 32000 Pixel (speicherabhängig), Vorschau-Funktion
- Druckerausgabe bis zu 360 dpi, Druckertreiber anpaßbar
- Speicherung im PIC- und IMG-Datenformat
- Mathematisches Leistungsspektrum:
- analytische und numerische Differentiation
- numerische Integration, Berechnung von Kurvenlängen
- numerische Berechnung von Nullstellen, Extremwerten und Wendepunkten
- numerische Lösung von Differentialgleichungen
- Interpolation, Approximation, statistische Auswertung von Meßdaten
- Erstellen von Wertetabellen
- integrierter, alphanumerischer Taschenrechner, verschiedene Zahlensysteme
- Zahlenbereich ±5,11E±4931, Rechengenauigkeit 9,5 Stellen
- alle mathematischen Standard-Funktionen, z. B. exp, sin, arsinh, cosech
- Zufallsfunktion rnd, min, max, log zu beliebiger Basis, sum, prod etc.
- Definition von bis zu 31 Variablen und Scharparametern
Bilder und Bildschirmfotos
Bildschirmfoto der Benutzeroberfläche:
Eine Funktion und ihre erste Ableitung, Nullstellen- und Wendepunkt-Markierung:
Kurvenschar (links) und Richtungsfeld der Differentialgleichung y'=x^2-y und Lösung eines Anfangswertproblems (rechts):
Alphanumerischer Taschenrechner zur Eingabe der Funktionsterme:
Hauptmenü:
Statistikmenü:
Kinomenü:
Pressestimmen
Das c't-Magazin für Computertechnik schrieb in der Ausgabe
9/1990 über die Version 1.0:
"... Was verlangt man von einem solchen Programm? Es muß zunächst
einmal mindestens einen Funktionsterm, besser mehrere Terme
rationaler und transzendenter Funktionen einer reellen Variablen
aufnehmen und plotten können. Zudem sollte man leicht die
Ableitungen berechnen und beliebige bestimmte Integrale dieser
Funktionen bestimmen können. Bei einem Programm für den Atari ST
erwarte ich außerdem eine intensive Nutzung der grafischen
Ressourcen. Um es vorweg zu sagen - all dies macht der Diskutant
'mit links'.
... Hinzu kommt das leicht verständliche und informative Handbuch,
welches im Anhang sogar noch einen kleinen Exkurs über die
Grundlagen der Analysis anbietet. Der Programmautor zeigt hier
gute Verständlichkeit ...
... Das gesamte Programm ist mit seiner wirklich (!) intuitiven
Benutzeroberfläche leicht zu bedienen. Insgesamt ein
empfehlenswertes Produkt, welches die Grundlagen der Analysis und
der Meßdatenauswertung in anschaulicher Weise zu genießen
gestattet - nicht nur für Schulen und streßgeplagte
Abiturienten."
Das Atari Journal testete in der Ausgabe 6/1992 die
Version 2:
"... Wichtigste Zielsetzung des Autors bei der Erstellung des
Programms war eine möglichst einfache Bedienbarkeit. Dies sollte
auch nicht an der Quantität der zur Verfügung stehenden
Menüpunkte scheitern.
... Mit zur Konzeption der einfachen und intuitiven
Bedienbarkeit gehören die beiden Taschenrechner. Mit ihnen
lassen sich neben den üblichen Berechnungen auch alle
Funktionseingaben tätigen, um diese später als Kurven
darzustellen.
... Hervorgehoben seien die Möglichkeiten der Bestimmung von
bestimmten Integralen und die Fähigkeit zur symbolischen
Ableitung von Funktionen.
... 'Der Diskutant' erlaubt im Umfeld der Diskussion und deren
Darstellung eine Unmenge zumeist sehr nützlicher und auch
didaktisch sinnvoller Einstellungen und Zusatzberechnungen Auf
vieles, was für ein Programm dieser Qualität selbstverständlich
erscheint, wie die Beeinflussung der Achsen, der Skalierung, des
Linienstils, der Liniendicke, der Genauigkeit, der
Achsenverschiebbarkeit, der Rasterung, der Beschriftung und der
Berechnung eines neuen Ausschnitts will ich erst gar nicht
eingehen. Soviel sei aber gesagt: Es ist alles vom Feinsten,
leicht bedienbar und - rudimentäre Mathematik-Kenntnisse
vorausgesetzt - intuitiv verständlich.
... Fazit: Für die anvisierte Zielgruppe erscheint der Diskutant
sowohl in puncto Leistungsumfang als auch in Bezug auf die
Bedienbarkeit als eines der momentan besten Angebote auf dem
Atari. Das Konzept ist durchdacht und vor allen Dingen vom
Benutzer sofort nachzuvollziehen. Die Funktionsvielfalt und die
akkurate Ausführung ergeben für mich das Prädikat: besonders
wertvoll. Der Preis von 198,- DM ist sicher angemessen zu
nennen."
Download
Datei | Größe | Beschreibung | Version | Plattform |
---|---|---|---|---|
dskt_223.zip | 389 kB | Der Diskutant-Binary | 2.23 | Atari ST oder Emulator |
dskt_anl.zip |
269 kB | Bedienungsanleitung zum Diskutant | 2.00 | Atari ST, Signum-2- Textverarbeitung |
Achtung: Um Der Diskutant verwenden zu können, benötigen Sie einen Atari ST oder einen Atari-ST-Emulator.
Änderungsliste
Die Version 2 ist im Handbuch beschrieben; seither gab es die folgenden Änderungen:Mai 2017, Version 2.23:
- Man kann mit der Levenberg-Marquardt-Methode jetzt auch Gabor-Funktionen fitten.
- Kostenlose Version zur Verwendung in Atari-Emulatoren.
- Levenberg-Marquardt-Fit ist implementiert.
- Man kann jetzt von Meßdaten im Menü "Berechnungen" komfortabel per Cursorlinie x- und y-Offsets abziehen.
- Der Menüname "Datei" blinkt jetzt, wenn eine Datei geöffnet ist, in die Druckerausgaben geschrieben werden.
-
Auch eine Graphik kann man jetzt statt sie auszudrucken in eine Datei
umleiten, um sie dann z. B. auf einem PC über DOS auszugeben; das
kann man dann mit dem Befehl
copy pfad\dateiname lpt1 /b
tun.
- Menüpunkt Punkte-"i ∈ [Startindex,Endindex]" wirkt jetzt auch auf alle Menüpunkte im Menü "Auswertung".
- Bei der analytischen Ableitung konnte ein Klammerfehler auftreten, wenn nach einem Minuszeichen eine Klammer folgen sollte, die ihrerseits wieder ein Minus enthielt. Z. B. wurde die Klammer im Ausdruck x-(1-x) fälschlich nicht gesetzt, wenn dieser Ausdruck das Ergebnis einer analytischen Ableitung war.
- Nach dem Laden einer Graphik, die logarithmisch skaliert war, konnte es beim Linienzeichnen zum Absturz kommen.
- Im Statistik-Modus wurden bei Großbildern die Meßpunkte nicht richtig verbunden.
- Auch die Druckroutine für 240 dpi arbeitet jetzt korrekt.
- Der Cursor läuft im Taschenrechner bei Backspace und Insert nicht mehr nach.
- In den Taschenrechnern funktionierten die Tasten "@", "|", "~" u. "`" nicht mehr über die Tastatur (wahrscheinlich seit V.2.10).
-
Neue Funktionen innerhalb von Menüpunkt "m" ("Markieren"):
- Tastendruck "d" schaltet die Ausgabe auf "Delta-Cursor"
- Tastendrücke "n", "e" und "w" suchen die nächste Null-, Extrem- bzw. Wendestelle auf.
- Kleiner Fehler beim Zuladen von Filmen korrigiert.
- Die Taschenrechner gehen wieder schneller. Versehentlich war seit V.2.10 ein Flag immer so gesetzt, als würde Text eingefügt.
- Es gibt ein "Gimmick" unter Menüpunkt "Salve!". (Ja, ja, nicht besonders originell - aber der Aufwand war relativ gering und man führt seinen ignoranten Bekannten ja auch gerne mal mit einer Zoom-Animation ins "Mandelbrot" die ästhetische Seite der Mathematik vor... Erster Tip: x-Intervall=4, Achsenkreuz in die Mitte. Experimentieren sie ruhig ein bißchen; es geht wirklich fast alles: Automatische Animationen (Zooming, Moving), Farb-, Graustufen- (gedithert), Binäbilder, Posterdruck ...
- Bei logarithmischer Achsenteilung und gleichzeitiger Einstellung "Skalierung am Rand" konnte ein (fast) letaler Fehler auftreten: Eine Schleife wurde falsch initialisiert und terminierte daher erst nach sehr langer Zeit.
- Filme kann man jetzt auch zu einem schon bestehenden hinzuladen, sofern der Speicher reicht, die Farbauflösung und die Bildformate übereinstimmen.
- Ein paar kleinere Ungereimtheiten wurden beseitigt.
- Nachgeladene Programme finden jetzt auch ihre RSC-Dateien.
- Mit Tastendruck "b" kann man den ganzen Bildschirm (und nicht nur ein Fenster wie bisher) im PIC-Format abspeichern.
- Vor dem Speichern oder Laden wird der freie Speicher auf Diskette jetzt nur noch ausgegeben, wenn man gleichzeitig eine Shift-Taste drückt. (Das Ermitteln des freien Speichers auf der Festplatte dauert auf älteren TOS-Versionen unerträglich lange.)
- Der Pfad zum Nachladen eines Programmes wird gespeichert.
Atari-Emulatoren
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von guten Atari-Emulatoren, die insbesondere dazu dienen, alte Spiele ablaufen zu lassen. Zum Glück funktioniert das auch mit dem Diskutant. Ausprobiert habe ich das mit den folgenden:Emulator | Plattform | Bemerkungen |
---|---|---|
PaCifiST | MS-DOS | Erster brauchbarer Atari-Emulator überhaupt. Wird nicht mehr gepflegt. |
Tosbox | MS-DOS | Fokus liegt hier nicht auf Spielen, sondern auf Anwendungen. |
WinSTon | Windows | Wird nicht mehr gepflegt. |
STew | Windows | Nachfolger von WinSTon. |
STEem | Windows/ Linux |
Mein Lieblingsemulator; komfortable Oberfläche, emuliert wohl so ziemlich alle Atari-Features. |
STonX | Unix/Linux | ST-Emulator unter X. |
Hataroid | Android | Funktionert sehr gut, aber ohne echte Maus kommt leider kein richtiges ST-Gefühl auf. |
Erste Anlaufstelle für alle Atari-Belange war früher mal der Little Green Desktop, dessen Spieledatenbankanbindung in letzter Zeit aber nicht mehr läuft.